Ein Rückblick auf drei Jahre Projektarbeit

Das vom nordrhein-westfälischen Ministerium für Kultur und Wissenschaft geförderte Leuchtturmprojekt KI:edu.nrw findet nach drei Jahren einen vorläufigen Abschluss, bevor es dann im nächsten Jahr in einer veränderten Förderkonstellation fortgesetzt wird. Aus diesem Grund blicken wir auf die ereignisreiche Projektlaufzeit zurück und resümieren erste Erkenntnisse sowie Erfahrungen.

Wie alles begann

Das Projekt KI:edu.nrw wurde 2020 als Praxisprojekt ins Leben gerufen, um herauszufinden, wie Regeln, Konzepte, Prozesse und Technik für den Einsatz von Learning Analytics (LA) und KI in der Hochschullehre ausgestaltet werden können. Es war seinerzeit das größte Projekt dieser Art im deutschsprachigen Raum (und ist dies womöglich noch immer). Das Ziel des Projekts war es, Fragen für den praktischen Einsatz von LA- und KI-Technologien zu identifizieren und praxistaugliche Antworten zu finden. LA und KI sollten dabei immer aus dem Blickwinkel betrachtet werden, das Lehren und Lernen an Hochschulen zu verbessern.

Als nordrhein-westfälische Pilothochschule diente hierzu die Ruhr-Universität Bochum. Für die technischen Lösungen wurde dabei eng mit der RWTH Aachen zusammengearbeitet. Neben der Ermittlung und Aufbereitung von (Lern-)Daten beschäftigten sich die zahlreichen Teilprojekte in KI:edu.nrw mit verschiedensten Themen, darunter auch mit der Nutzung generativer Künstlicher Intelligenz in der Lehre.

Das Projekt KI:edu.nrw war zum Förderbeginn als ein Perspektivprojekt angelegt, da die Themen LA und KI bis dahin noch keinen breiten Einzug in die Praxis gefunden hatten. Dementsprechend hoch waren die Erwartungen aller Beteiligten an das Projekt.

Projekttreffen am 7.12.2023; Foto: Sebastian Strauß

Als Leuchtturmprojekt im Bereich KI und LA war KI:edu.nrw aber nicht nur ein Praxisprojekt innerhalb der RUB, sondern fungierte ebenso als Anlaufstelle des Ministeriums, für die Hochschulen in NRW und die Presse für aktuelle Thematiken, die sich im Projektverlauf ergaben – wie bspw. ChatGPT. Das Projekt war zudem Initiator für eine landes- und bundesweite Vernetzung im Rahmen lokaler Treffen und der neu etablierten Learning AID-Tagung.

Handlungsfelder in KI:edu.nrw

KI:edu.nrw wurde als interdisziplinäres Projekt mit 17 Teilprojekten angelegt. Die Teilprojekte gliederten sich in 6 Fakultätsprojekte (Angewandte Informatik, Medizin, Erziehungswissenschaft, Mathematik, Maschinenbau und Sportwissenschaft), 9 Querschnittsprojekte (Technik, Datenschutz, Didaktik, Zentrale Studienberatung, Qualitätsmanagement, Data Literacy, Ethik, KI-Schreibtools und Fremdsprachenlehre) und zwei Teilprojekte zum Dialog und Transfer der Projektthemen (Policy und Öffentlichkeitsarbeit). Aufgrund der Vielzahl von Teilprojekten und den damit verbundenen Ergebnissen, können wir in diesem Blogbeitrag nur ausschnittsweise darauf eingehen. Eine ausführliche Ergebnisdarstellung wird im nächsten Jahr in einem Sammelband zum Projekt erscheinen.

Die Fakultätsprojekte

Die Fakultätsprojekte setzten unterschiedliche Schwerpunkte in Bezug auf die lehrpraktischen Implikationen durch LA und KI. Die Teilprojekte in der Medizin, dem Maschinenbau und der angewandten Informatik sondierten, wie LA den Studienverlauf der Studierenden positiv unterstützen kann. Dadurch konnten bspw. Prädiktoren für ein erfolgreiches Physikum oder prototypisch erfolgreiche Studienverläufe identifiziert werden, die in ein Dashboard für die Studienberatung einfließen können. Die Teilprojekte in der Erziehungswissenschaft und der Mathematik betrachteten den Einsatz von LA innerhalb einzelner Kurse und setzten Möglichkeiten zur Förderung des selbstregulierten Lernens um. Dabei arbeiteten beide Teilprojekte auch eng mit den Studierenden und Lehrenden zusammen. Im Teilprojekt der Sportwissenschaft lag die Betrachtung hingegen stärker auf dem Einsatz von KI-Technologien, um das psychomotorische Lernen in verschiedenen Sportarten selbstorganisiert zu unterstützen.

Querschnittsprojekte

Die Querschnittsprojekte hatten im Projekt eine Doppelrolle. Einerseits identifizierten und beantworteten sie Fragen, die durch den praktischen Einsatz von LA und KI in der Hochschullehre entstehen. Dabei konnten sie auch auf die Erfahrungen der Fakultätsprojekte zurückgreifen. Andererseits unterstützten sie die Fakultätsprojekte und die anderen Querschnittsprojekte in ihrer praktischen Projektarbeit, indem sie bspw. bei Fragen des Datenschutzes, der ethischen Abwägung sowie didaktischen Entscheidungen konkret unterstützten.

Das Querschnittsthema Datenschutz stellte während des gesamten Projektverlaufs den Schutz der Studierendendaten sicher. Ein Meilenstein dieses Teilprojekts stellt das Datenschutzgutachten zum Einsatz von LA an Hochschulen in NRW dar, welches im Frühjahr 2023 veröffentlicht wurde. Ein weiterer umfassender Teilbereich war die technische Infrastruktur für LA, die in Kooperation mit der RWTH Aachen und einem Programmierdienstleister entwickelt wurde. Ziel war es, die Lehr- und Lerndaten datenschutzkonform verarbeiten zu können und die Analysen über ein Dashboard den Studierenden und Lehrenden bereitzustellen.

Die Teilprojekte in der Didaktik und der zentralen Studienberatung beschäftigten sich insbesondere mit den Fragen, wie LA das Lehren, Lernen und die Beratung an Hochschulen unterstützen kann. Dabei war auch wichtig herauszufinden, welche Bedarfe an Analysen für diese Bereiche bestehen und daraus technische Anforderungen abzuleiten. Das Teilprojekt Ethik unterstützte alle anderen Teilprojekt in einem Ethics-by-Design-Ansatz, wofür zu Projektbeginn ein Workshop zur ethischen Kompetenzbildung für die Projektgruppe angeboten wurde.

Das Teilprojekt zum hochschulinternen Dialog nach Bedarfen und Sorgen zum Einsatz von LA in der Lehrpraxis wurde selbst interdisziplinär bearbeitet. Auf Grundlage dieses Dialogprozesses mit Studierenden und Lehrenden wurde von der Teilprojektgruppe ein Policyentwurf für die RUB entwickelt. Das Teilprojekt Data Literacy entwickelte Selbstlernkurse für Studierende und Lehrende, damit diese mit den LA-Analysen kompetent umgehen können. Die Teilprojekte zu KI-Schreibtools und KI in der Fremdsprachenlehre sondierten Potenziale zum reflektierten Einsatz von generativen KI-Tools im Kontext des wissenschaftlichen Schreibens und der Fremdsprachenlehre. Eines der Ergebnisse aus diesen Teilprojekten war außerdem das erste Gutachten für die urheber- und prüfungsrechtliche Beurteilung zum Einsatz von generativer KI in Deutschland und darüber hinaus.

Dialog und Transfer

Für die wirksame Einführung von Lehrinnovationen im Allgemeinen und von Learning Analytics und KI im Speziellen, ist es entscheidend, die Wünsche und Sorgen der Stakeholder zu berücksichtigen. Im Projekt wurden daher verschiedene Dialogprozesse mit Studierenden und Lehrenden umgesetzt. Einer dieser Prozesse bestand aus einer hochschulweiten Befragung und anschließenden Fokusgruppengesprächen mit Studierenden und Lehrenden. Im Rahmen dieses Prozesses konnten wir eine grundsätzliche Bereitschaft und erhoffte Potenziale durch den Einsatz von Learning Analytics für die RUB resümieren. Die formulierten Bedingungen scheinen dabei allesamt erfüllbar zu sein. Ein weiterer Baustein der Projektarbeit war die Sichtbarmachung des Projekts und der Erkenntnisse, die gesammelt wurden. Im Rahmen von Tagungen, Vernetzungstreffen, Workshops, Vorträgen und Keynotes beteiligten sich die Mitarbeitenden von KI:edu.nrw am fachlichen Diskurs und trugen so wesentlich dazu bei, über die Potenziale von Learning Analytics und Künstlicher Intelligenz an Hochschulen aufzuklären und Herausforderungen einzuordnen. Aber nicht nur die Beteiligung an externen Veranstaltungen waren wichtiger Bestandteil für den Transfer der Ergebnisse. Das Zentrum für Fremdsprachenausbildung (ZFA) organisierte zusammen mit den Kolleg*innen aus dem Zentrum für Wissenschaftsdidaktik (ZfW) im Rahmen von KI:edu.nrw eine erfolgreiche Fachtagung zum Austausch über KI-Tools im wissenschaftlichen und fremdsprachlichen Schreiben. Außerdem wurde auch eine eigene Projekttagung ins Leben gerufen. 2022 fand erstmalig die Learning AID statt und zog im ersten Anlauf gleich über 140 interessierte Personen unterschiedlichster Fachrichtungen an. Der Bedarf an Informationen, Workshops und Austausch zu Lehr- und Lerndaten sowie KI in der Didaktik war sichtlich gegeben und so gab es 2023 bereits die zweite Auflage – diesmal mit gut 200 Teilnehmenden.

Das Projekt hat einen wichtigen Beitrag geleistet, interdisziplinäre Grundlagen für den hochschulweiten Einsatz dieser Technologien zu schaffen, die nun in einer zweiten Phase weiterverfolgt und ausgebaut werden.

Und was bleibt?

Trotz der vielfältigen Erfahrungen und Ergebnisse, die im Projekt gesammelt und der Community zur Verfügung gestellt wurden, bleibt aber auch die Erkenntnis, dass es noch sehr viel zu tun gibt und die Forschung sowie praktische Implementierung im Bereich von Learning Analytics und Künstlicher Intelligenz in der Hochschule noch am Anfang steht. Das Projekt hat einen wichtigen Beitrag geleistet, interdisziplinäre Grundlagen für den hochschulweiten Einsatz dieser Technologien zu schaffen, die nun in einer zweiten Phase weiterverfolgt und ausgebaut werden.

Ein Ausblick auf die 2. Förderphase

In der zweiten Förderphase, die im Januar 2024 starten wird, wird sich die RUB als Konsortialführerin verstärkt mit dem Thema generative Künstliche Intelligenz beschäftigen, während an den Partneruniversitäten Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und an der RWTH Aachen die Themen AI Literacy und Learning Analytics behandelt werden. Ein weiteres Arbeitsfeld wird die Verknüpfung von generativer KI mit Learning Analytics sein. Weitere Praxis- sowie Transferprojekte anderer Hochschulen werden im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens hinzukommen und so freuen wir uns, auch in den nächsten drei Jahre mit Euch und Ihnen im Austausch zu bleiben.

Das Projektteam von KI:edu.nrw

Bildnachweis: Unsplash | Steven Lelham

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