Was brauchen Hochschulen in Zeiten von KI, um infrastrukturell unabhängig zu bleiben? Im Rahmen einer Expertenanhörung des Hochschulforums Digitalisierung konnten gleich drei Kollegen von KI:edu.nrw ihre Perspektive auf dieses Thema teilen.
Das Thema der digitalen Souveränität beschäftigt Hochschulen schon seit langer Zeit: Wie können sie trotz des hohen Bedarfs nach digitalen Infrastrukturlösungen so weit wie möglich Unabhängigkeit von externen, kommerziellen Dienstleistern erhalten? Grundsätzlich ist dies wichtig, damit sie ihren Aufgaben in Forschung, Lehre und auch Verwaltung unabhängig gerecht werden können. Das Hochschulforum Digitalisierung (HFD) hatte aus diesem Grund schon vor einigen Jahren eine Arbeitsgruppe Digitale Souveränität eingesetzt, die in diesem Jahr ihre Arbeit in Form eines Arbeitspapiers abgeschlossen hat.
Digitale Souveränität beschäftigt die Hochschulen seit kurzem aber unter neuen Vorzeichen – denn durch (generative) KI stellen sich die schon bekannten Fragen mit neuer Dringlichkeit und teils auch in neuer Form. Hierzu ist das HFD bereits im Sommer auf KI:edu.nrw zugegangen und beide Projekte waren sich einig, dass zu diesem Thema ein bundesweiter Dialogprozess lohnend wäre.
Das HFD hat sich der Frage nun angenommen und organisierte am 05.12.2024 eine erste Anhörung, an der acht Gäste bei einer Veranstaltung in Köln ihre Perspektive teilen durften. Das Ziel dieser ersten Anhörung war die Diskussion darüber, was Hochschulen für ihre Souveränität im Bereich von KI benötigen. Der überwiegende Teil der Beiträge zur Anhörung wurde gestreamt und aufgezeichnet. Mit den Standortleitern Dr. Malte Persike (Aachen) und Jonas Leschke (Bochum) sowie Gesamtprojektleiter Dr. Peter Salden waren gleich drei Personen eingeladen, die Mitglieder von KI:edu.nrw sind. Denn nicht nur hat KI:edu.nrw in diesem Jahr intensiv am Thema KI-Infrastruktur mitgearbeitet, sondern im Umfeld des Projekts sind neue Infrastrukturprojekte entstanden – so das von Malte Persike geleitete KI:connect.nrw und das wie KI:edu.nrw an der Ruhr-Universität Bochum geführte Projekt OpenSource-KI.nrw.
Im Rahmen der Anhörung sollten alle Experten auf die folgenden vier zuvor bereitgestellten Thesen eingehen:
Eine digital souveräne Infrastruktur ist für die Hochschulen bereits mittelfristig unabdingbar.
Zwischen den Experten herrschte insbesondere in Bezug auf die These 1 Einigkeit und alle stimmten dieser zu.
Die zunehmende Abhängigkeit von proprietären Anbietern wird auf Dauer weit mehr kosten als der Aufbau eigener Strukturen.
In Bezug auf These 2 kamen die meisten der Experten zu dem Schluss, dass der Aufbau eigener Infrastrukturen aus monetärer Perspektive nicht unbedingt günstiger sein wird als Zugänge über proprietäre Anbieter*innen. Allerdings seien auch nicht-monetäre Kosten, wie beispielsweise eben die infrastrukturellen und auch weltanschaulichen Aspekte durch Nutzung der kommerziellen Modelle zu berücksichtigen. Außerdem bringe der Aufbau eigener Strukturen die Hochschulen überhaupt erst in die Position, mit proprietären Anbieter*innen verhandeln zu können.
Ressourcen-Kooperation ist unvermeidlich, um annähernd adäquate Mittel für den Aufbau eigener/ öffentlicher KI-Modelle bereitzustellen.
In Bezug auf These 3 herrschte insofern Einigkeit, dass alle Experten Zusammenarbeit beim Thema KI-Infrastruktur für unerlässlich hielten. Keine Einigkeit bestand in Bezug auf die Frage, ob in Europa vollständig eigene Modelle entwickelt werden sollten. Teils wurde dies befürwortet, teils unter Verweise auf die Kosten und Alternativen wie Open Source-Modelle verneint.
Ressourcen-Kooperation muss möglichst weit gedacht werden. Nicht nur Hochschulen und Bundesländer müssen untereinander zusammenarbeiten, sondern auch Bund und die EU müssen mitgedacht und einbezogen werden.
These 4 schließlich fand weitgehende Zustimmung, wenngleich teils mit Einschränkungen – denn nicht für jede Fragestellung im Bereich von KI-Infrastrukturen sei gleich eine Kooperation auf Bundes- oder sogar europäischer Ebene notwendig. Zudem könne neben der in der These formulierten geografischen bzw. politischen Perspektive Kooperation auch zwischen Institutionen gleichen und auch unterschiedlichen Typs gedacht werden.
Die Expertenanhörung wird vom HFD nun aufbereitet und der identifizierte Bedarf für eine zweite Anhörung aufbereitet. In dieser soll es dann um konkrete Lösungen gehen. Die zweite Anhörung soll in der ersten Jahreshälfte 2025 stattfinden. Wir freuen uns, dass wir unserer Perspektive auf das Thema einbringen durften und sind gespannt auf die Ergebnisse des Prozesses.
Seit der Veröffentlichung von ChatGPT hat sich an den Hochschulen in Sachen Generative KI viel getan. Zu berücksichtigen sind u.a. Fragen zu Datenschutz und Prüfungsrecht sowie zur bildungsgerechten (kostenfreien) Nutzung und technischen Bereitstellung. Da derzeit alle Hochschulen in NRW vor diesen Themen stehen, bietet sich eine gemeinsame Lösung an. Den Weg dahin skizziert das Kurzkonzept zur Bereitstellung Generativer KI an Hochschulen des Landes NRW, an dem KI:edu.nrw mitgearbeitet und die entsprechende Arbeitsgruppe koordiniert hat.