

Was macht die Studienberatung bei KI:edu.nrw? Was sind die Ziele? Und wie können Learning Analytics im Sinne der Studierenden für die Beratung genutzt werden? Für die aktuelle Ausgabe unserer Projekttagebücher beantwortet Swenja Schiwatsch aus dem KI:edu.nrw-Teilprojekt Studienberatung diese und weitere spannende Fragen.
Ich bin Swenja Schiwatsch, seit über 25 Jahren Studienberaterin an der RWTH Aachen und jetzt auch verantwortlich für das Teilprojekt Studienberatung bei KI:edu.nrw. Oft kommen Studierende erst sehr spät zu uns in die Beratung – wenn kaum noch Spielraum bleibt. Genau hier setzt unser Teilprojekt an. Wir wollen durch die Analyse des Lernverhaltens, also den gezielten Einsatz von Learning Analytics über das System POLARIS, frühzeitig Hinweise auf Studienprobleme erkennen und so proaktiv Unterstützung anbieten.
POLARIS ist eine Softwarelösung für Learning Analytics an Hochschulen, die im Rahmen von KI:edu.nrw entwickelt und pilotiert wird. Ziel ist es, Studierende, Lehrende und Mitarbeitende verschiedener Hochschuleinrichtungen durch relevante Statistiken und Texthinweise zu unterstützen.
POLARIS ist Open Source auf GitLab verfügbar und steht allen Hochschulen zur Verfügung.
Mehr Infos zu Polaris unter: ki-edu-nrw.ruhr-uni-bochum.de/ueber-das-projekt/phase-2/learning-analytics/polaris
Aktuell arbeite ich an der Entwicklung eines Dashboards für Studierende als Frühinformationssystem und Präventionsmaßnahme. In Workshops mit Fachstudienberatungen haben wir verschiedene Indikatoren zur Identifizierung von Studienproblemen erarbeitet. Diese variieren stark; einige sind allgemeine Symptome wie An- und Abmeldungen von Prüfungen oder das Schieben von Klausuren, während andere spezifisch auf die Heterogenität einzelner Studiengänge eingehen.
Ich bereite die Ergebnisse strukturiert für weitere Workshops auf und stehe im Austausch mit dem Teilprojekt Learning Analytics, das sich mit Mediendidaktik sowie Datenschutz beschäftigt. Dieser interdisziplinäre Austausch ist entscheidend, um sicherzustellen, dass unsere Ansätze sowohl didaktisch sinnvoll als auch datenschutzkonform sind.
In den vergangenen 25 Jahren habe ich viel Erfahrung in der Studienberatung gesammelt und immer wieder gemerkt, wie wichtig es ist, den individuellen Bedürfnissen der Ratsuchenden Raum zu geben.
Wenn wir über die Installation eines Dashboards nachdenken, um Daten von Studierenden in der Beratung zu nutzen oder sie gezielt auf Prüfungsprobleme anzusprechen, spielt Vertrauen eine zentrale Rolle. Wir müssen transparent kommunizieren können, wie diese Daten verwendet werden – nämlich zur Unterstützung ihrer Studiensituation.
Insgesamt muss unsere Beratungsphilosophie unverändert bleiben: Wir sind hier, um den Studierenden eine unterstützende Umgebung zu bieten und ihnen zu helfen, proaktiv Entscheidungen für ihr Studium zu treffen – unabhängig davon, welche Technologien oder Datenanalysen wir einsetzen.
Learning Analytics sind im Beratungskontext der Zentralen Studienberatung insofern neu, dass bis jetzt keinen Zugriff darauf hatten. Es ist auch angedacht, ein Dashboard für die Studienberatung zu entwickeln – das wäre ein neuer Ansatz. Dieses Dashboard wird personalisierte Informationen bereitstellen und signalisieren können, wenn Studierende beispielsweise mehrfach von Prüfungen zurücktreten oder nicht genügend Creditpoints erreichen. Wichtig ist uns dabei unser Beratungsverständnis, das Transparenz für die Studierenden umfasst; sie müssen verstehen, dass wir Daten einsehen können, um ihre Situation besser zu analysieren und ihnen gezielte Unterstützung anzubieten. An dieser Stelle arbeitet das Teilprojekt Learning Analytics intensiv an Aspekten wie Datenschutz und informierter Einwilligung. Wichtig in dem Zusammenhang ist auch die ethische Orientierung im Umgang mit Learning Analytics. Das Teilprojekt Ethik bietet uns dabei sehr hilfreiche Perspektiven. Erkenntnisse aus der ersten Projektphase zum konkreten Thema Learning Analytics in der Studienberatung wurden bereits publiziert und helfen uns dabei, weitere Einsichten zu gewinnen.
Unter dem Titel „Learning Analytics und Künstliche Intelligenz in Studium und Lehre. Erfahrungen und Schlussfolgerungen aus einer hochschulweiten Erprobung“ ist ein Sammelband zur ersten KI:edu.nrw-Förderphase erschienen. Der Sammelband ist Teil der Reihe „Doing Higher Education“ und wurde von KI:edu.nrw-Projektleiter Dr. Peter Salden und dem damaligen Projektkoordinator Jonas Leschke herausgegeben.
Mehr Infos zum Sammelband gibt es bei uns im Blog: https://ki-edu-nrw.ruhr-uni-bochum.de/sammelband-zur-ersten-kiedu-nrw-projektphase-veroeffentlicht/
Die Herausforderungen beim Einsatz von Learning Analytics sind vielschichtig und betreffen insbesondere den Datenschutz sowie die Qualität der gesammelten Daten und die Umsetzung in konkretes Handeln. Also wie setze ich z.B. eine Datensammlung in eine Workshop-Empfehlung um? Es ist entscheidend, dass wir bei der Implementierung von Learning Analytics unser Beratungsverständnis wahren, das auf Vertraulichkeit, Neutralität, Ergebnisoffenheit und Klient*innen-Zentrierung basiert. Wir müssen sicherstellen, dass unsere Beratung weiterhin eine unterstützende Umgebung bietet, in der sich Studierende wohlfühlen und aktiv an ihrer eigenen Lösungssuche arbeiten können.
Zudem erfordert der Einsatz eine enge Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Beratungseinrichtungen wie der Zentralen Studienberatung und der Fachstudienberatung. Diese Kooperation ist essenziell, um voneinander zu lernen und unsere Ansätze kontinuierlich zu optimieren. Nur so können wir sicherstellen, dass wir den unterschiedlichen Bedürfnissen der Studierenden gerecht werden und gleichzeitig verantwortungsvoll mit ihren Daten umgehen.
Ein zentrales Problem besteht darin, dass viele Studierende erst dann Hilfe suchen, wenn es schon fast zu spät ist – beispielsweise nach wiederholtem Nichtbestehen von Prüfungen oder drohendem Studienabbruch. Hier kann unser angestrebtes Dashboard entscheidend sein: Durch ein Frühwarnsystem könnten potenzielle Probleme frühzeitig erkannt werden.
Ein solches System fördert eine positive Unterstützungskultur; es ermutigt Studierende dazu, frühzeitig Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Mein persönliches Highlight ist die Zusammenarbeit innerhalb des Ki:edu.nrw-Projekts mit verschiedenen Hochschulen und deren Mitarbeitenden.
