Vom Symposium in Hagen zur Learning AID in Bochum

Zugänge zu generativer KI schaffen: Beim Symposium am 1. Juli 2024 auf dem Campus der FernUniversität in Hagen diskutierten Expert*innen aus Hochschulen bundesweit über Lösungen zur technischen Bereitstellung. Organisiert wurde die Veranstaltung vom KI-Campus-Hub NRW, dem Projekt KI:edu.nrw und dem Stifterverband e.V.. Fortgesetzt wird die begonnene Diskussion nun auf der Learning AID.

Rückblick auf eine gelungene Kooperation mit Fortsetzungsperspektive

Was ist möglich und was ist wünschenswert?

Danach fragte KI:edu.nrw im Einführungsvortrag

Wie können Hochschulen generative KI zur Verfügung stellen? In ihrem Eingangsimpuls zur Bereitstellung generativer KI an Hochschulen identifizierten Dr. Peter Salden, Jonas Leschke und PD Dr. Malte Persike von KI:edu.nrw vier Zielkomplexe:

  • Kosten: Reduktion der Entwicklungs-, Betriebs- und Supportkosten für die Hochschulen
  • Skalierbarkeit: Schnelle und effiziente Erweiterung der Userbasis und der IT-Architektur
  • Optionen: Wahlmöglichkeiten zwischen mehreren KI-Systemen und Benutzeroberflächen
  • Flexibilität: Modularer Aufbau für die zeitlich flexible Einbindung in die Hochschul-IT

Wünschenswert sei dabei eine Koexistenz von kommerziellen Systemen wie ChatGPT und Open-Source-Modellen, da beide Systeme unterschiedliche Stärken aufweisen. Dabei gebe es drei unterschiedliche Open-Source-Ansätze (siehe Grafik).

Unterschiedliche Open-Source-Lösungswege, visualisiert im Vortrag von KI:edu.nrw.
Unterschiedliche Open-Source-Lösungswege, visualisiert im Vortrag von KI:edu.nrw.

Bereitstellungswege und Projekteinblicke

Berichte aus der Praxis

Aber wie sieht denn nun die gelebte Praxis aus? Hierzu bot das Symposium Einblick in vier ganz unterschiedliche Beispiele:

FLEXI: Eigenständige Infrastruktur an der FernUni

Kommerzielle Dienste wie ChatGPT nutzen oder ein Open-Source-Modell selbst hosten: Vor dieser Entscheidung stehen viele Hochschulen. Die FernUniversität in Hagen exploriert beide Wege. Computerlinguist Prof. Dr. Torsten Zesch und Wirtschaftsinformatiker Michael Hanses (beide von CATALPA, Center of Advanced Technologies for Assisted Learning and Predictive Analytics der FernUni) stellten die Open-Source-Lösung FLEXI vor – kurz für FernUni LLM Experimental Infrastructure. Sie präsentierten live Abfragen bei verschiedenen selbst gehosteten Open-Source-Modellen. „Mit FLEXI können wir erfolgreich demonstrieren, dass es möglich ist, eine generative KI an der Hochschule selbst zu betreiben”, stellte Michael Hanses heraus. „Durch den Reallabor-Ansatz unseres Forschungszentrums können wir FLEXI im echten Einsatz testen“, erklärte Torsten Zesch. Und zwar nicht nur technisch: CATALPA begleitet verschiedene Einsatzszenarien mit Forschungsprojekten. „Bisher gibt es kaum Evidenz zur Auswirkung von Large-Language-Models auf die Lehre“, so Zesch.

HAWKI: Open-Source-Interface zu kommerzieller KI

Frühzeitig haben sich die Interaction Designer der Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) Hildesheim rund um Prof. Dr. Stefan Wölwer entschieden, mit HAWKI ein datenschutzrechtlich sicheres, kostenfreies Interface für die Nutzung von ChatGPT zu entwickeln. Inzwischen wird das Interface bereits an rund 30 Hochschulen bundesweit genutzt. Derzeit entwickeln Wölwer und sein Team HAWKI weiter. Ziel ist ein Ökosystem für Lehren und Lernen, Prüfungen und Verwaltung zu schaffen, in das auch Open-Source-LLMs, lokale IT-Systeme und Datenmanagement integriert werden können.

Chat AI: Externes Hosting von Open-Source-KI

Einen LLM-Service auf Open-Source-Basis, mit einem KI-Chat ohne Speicherverlauf, kostenloser Nutzung verschiedener Open-Source-Modelle und dem Angebot, beispielsweise Large-Language-Models bedarfsorientiert zu trainieren – das alles bietet Chat AI. Das von Jonathan Decker vorgestellte Projekt gehört zum Portfolio des BMBF-finanzierten KI-Servicezentrums für sensible und kritische Infrastrukturen (KISSKI). KISSKI wird geleitet von der Georg-August-Universität Göttingen, Projektpartner ist die GWDG, Gesellschaft für wissenschaftliche Datenverarbeitung mbH Göttingen, die als IT-Anbieter für die Uni und die Max-Planck-Gesellschaft fungiert. Zukünftig werden die KISSKI-Angebote in HAWKI integriert, so dass Universitäten sowohl kommerzielle als auch Open-Source-KI gleichzeitig nutzen können.

bwGPT: HAWKI-Schnittstelle und Begleitangebote

Einen Chatbot zugänglich machen und das Angebot mit Handreichungen und Empfehlungen didaktisch einbinden – das hat sich das Hochschulnetzwerk Digitalisierung der Lehre Baden-Württemberg (HND BW) in Zusammenarbeit mit der Hochschule Aalen vorgenommen. Dabei setzt das von Dr. Matthias Bandtel und Markus von Staden präsentierte Angebot bwGPT auf GPT4, zugänglich gemacht über die HAWKI-Schnittstelle. bwGPT ist integrierbar in die Learning-Management-Systeme der beteiligten Hochschulen und Pilotnutzer. Ergänzend gibt es ein umfangreiches Weiterbildungskonzept sowie Unterstützung der baden-württembergischen Hochschulen bei der Klärung rechtlicher Fragen zur digitalen Lehre.

Orientierungshilfe zum Datenschutz

Was darf, was kann?

„Generative KI bietet große Chancen für Hochschulen. Aber die technische Umsetzung – datenschutzkonform und ethisch vertretbar – stellt uns derzeit noch vor große Herausforderungen“, so Prof. Dr. Claudia de Witt, Lehrgebiet Bildungstheorie und Medienpädagogik an der FernUni und Leiterin des KI-Campus-Hub NRW, die mit ihrem Team die Organisation auf dem Hagener Campus übernommen hatte. Unterstützung bietet hier die Orientierungshilfe Künstliche Intelligenz und Datenschutz (PDF 1,1 MB) von der Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder. Uwe Hofmann, Stabsstelle Datenschutz der FernUniversität in Hagen, stellte das Dokument beim Symposium vor und gab seine Einschätzungen.

Mit Synergien am Puls der Technologie

Zwischenfazit bei der abschließenden Podiumsdiskussion

Ohne Kooperation und hochschulübergreifende Zusammenarbeit wird die Bereitstellung generativer KI nicht funktionieren: Diese einmütige Bilanz zogen die Teilnehmenden der abschließenden Podiumsdiskussion, moderiert von Dr. Annabell Bils, Zentrum für Lernen und Innovation der FernUni.

„Synergien spielen hier eine ganz große Rolle“, bekräftigte Mariele Ratter vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft Nordrhein-Westfalen (MKW NRW). Notwendig sei dies auch aufgrund der Geschwindigkeit der technologischen Entwicklung mit immer neuen KI-Tools im Bildungsbereich, betonte PD Dr. Malte Persike, KI:edu.nrw. Voraussetzung dafür sei allerdings auch ein organisationskultureller Wandel und eine stärkere Kooperationsbereitschaft von Hochschulen, die ebenfalls durch die Hochschulleitungen gewollt und aktiv unterstützt werden muss, so FernUni-Prorektor Prof. Dr. Stefan Stürmer.

Eine Vereinheitlichung der Hochschullandschaft sei dennoch nicht zu befürchten, betonte Dr. Konrad Faber, Netzwerk Landeseinrichtungen für digitale Hochschullehre Rheinland-Pfalz: „Die Hochschulen können beispielsweise auf technischer Ebene und in der Didaktik kooperieren – und sich dennoch nach wie vor inhaltlich und fachlich profilieren.“

„Die Fragen, vor denen wir stehen, sind in allen Bundesländern gleich“, hob Dr. Peter Salden zum Ende der Veranstaltung hervor. Deshalb sei auch der länderübergreifende Austausch so wichtig. Prof. Dr. Claudia de Witt betonte abschließend noch einmal die Bedeutung des Datenschutzes: „Nur darüber schaffen wir Akzeptanz und Vertrauen. Aber wenn uns das gelingt – dann bin ich optimistisch, dass wir für diese technischen wie didaktischen Innovationen viel mehr Lehrende für KI gewinnen als bisher.“

Ausblick: Follow-Up auf der Learning AID!

Wie es jetzt weitergeht

Seit der Veröffentlichung von ChatGPT im November 2022 ist viel passiert in Sachen generativer KI und ihrer technischen Bereitstellung an Hochschulen. Das zeigen die vielen Praxisbeispiele und Expertisen, die auf dem Symposium in Hagen zu Wort gekommen sind. Jetzt heißt es: am Ball bleiben!

Umso mehr freuen wir uns, die Diskussion auf der diesjährigen Learning AID am 2. und 3. September 2024 an der Ruhr-Universität Bochum fortsetzen zu können. Die Learning AID ist die Tagung für Learning Analytics, Artificial Intelligence und Data Mining in der Hochschulbildung. Erwartet werden über 300 Teilnehmende aus dem deutschsprachigen Raum. Ein passendes Setting also, um die Spezialdiskussion rund um technische Zugangsmöglichkeiten fortzuführen.

Das Follow-up wird am zweiten Veranstaltungstag stattfinden und gemeinsam von Prof. Dr. Claudia de Witt (KI-Campus-Hub NRW) und PD Dr. Malte Persike (KI:edu.nrw) moderiert. 

Fotos und Text mit freundlicher Genehmigung von Christina Lüdeke | CATALPA – Center of Advanced Technology for Assisted Learning and Predictive Analytics | FernUniversität in Hagen

Die Originalveröffentlichung ist hier zu finden. Hinzugefügt wurde der Ausblick auf die Fortführung der Diskussion im Rahmen der diesjährigen Learning AID 2024.

 

 

Ähnliche Beiträge

Eine Antwort verfassen