Spannender Austausch zu KI in der Fremdsprachenausbildung und im wissenschaftlichen Schreiben: Rückblick zur Fachtagung

Der Hype um generative KI, der in den Medien ungewöhnlich großen Widerhall findet, erzeugt unterschiedliche Reaktionen, darunter totale Ablehnung und ebenso große Begeisterung.

Vor diesem Hintergrund haben sich Vertreter*innen aus der Fremdsprachen- sowie der Schreibdidaktik im Rahmen der Tagung „Friend or foe? 敵か味方か? (Teki ka Mikata ka?) Freund oder Feind? Ystävä vai viholli? KI-Anwendungen beim Lehren und Lernen von Fremdsprachen und im wissenschaftlichen Schreiben“ Zeit für die Auseinandersetzung mit dem Thema genommen. Das Ziel der Tagung war, ein differenziertes Bild davon zu entwerfen, was die technologischen Entwicklungen für die Hochschule bedeuten könnten und wie mit den neuen KI-Anwendungen umgegangen werden soll.

Grußworte

Eröffnet wurde die Veranstaltung von der Prorektorin für Lehre und Studium, Prof. Dr. Kornelia Freitag, die das Thema der Tagung humorvoll aufgriff: Sie gab eine umfangreiche Erklärung ab, dass ihr Grußwort eigenständig und nicht mit ChatGPT verfasst worden sei, und griff damit gleich zu Beginn ein relevantes Thema der Tagung auf. Dr. Peter Salden, Leiter des Zentrums für Wissenschaftsdidaktik und Projektleiter des Projekts KI:edu.nrw, in welches die Tagung eingebettet war, ordnete das Thema in größere Zusammenhänge ein. Er führte aus, KI meine nicht nur generative KI wie ChatGPT, sondern habe an Hochschulen vielfältige Anwendungsbereiche, darunter auch Learning Analytics. Da sich gerade erst abzeichne, was in Zukunft möglich sein wird, sei Vernetzung – wie bei dieser Tagung – besonders wichtig. Dr. Astrid Reich, Leiterin des Zentrums für Fremdsprachenausbildung und Teilprojektleiterin in KI:edu.nrw, plädierte im Rahmen ihrer Begrüßung für eine authentische Verwendung der KI-Tools und dafür, die Anforderungen in der realen Welt ernst zu nehmen. Sie ermunterte, KI-Anwendungen im Sinne des Constructive Alignment in die kompetenzorientierte Lehre zu integrieren. Die Moderation der Tagung übernahm Maike Wiethoff, Leiterin des Schreibzentrums und ebenfalls Teilprojektleiterin in KI:edu.nrw.

Technik und Lehre

Die zwei Plenarvorträge „Wie Neuronale Netze, Neuronale Maschinelle Übersetzung und ChatGPT Funktionieren“ (Prof. Dr. Josef van Genabith, Universität des Saarlandes) und „Der KI-gestützte Lehrende für das KI-gestützte Schreiben in der (fremd-)sprachlichen Bildung“ (Jun.-Prof. Dr. Carolyn Blume, TU Dortmund) näherten sich dem Thema aus ganz unterschiedlichen, sich ergänzenden Perspektiven, die eine wichtige Basis für die weiteren Diskussionen des Tages legten. Josef van Genabith, Experte für Translationsorientierte Sprachtechnologien, erläuterte dem Publikum technische Grundlagen und schlüsselte auf, wie neuronale Netze und Sprachmodelle, darunter ChatGPT, funktionieren. Carolyn Blume hingegen, Fachdidaktikerin in Englisch mit Schwerpunkt digitales Lernen und Lehren, fokussierte die Rolle und Aufgaben der Lehrenden in der KI-gestützten Lehre und hinterfragte die übergreifenden Bildungsziele in der sich durch KI verändernden Lernwelt.

Workshops

Im Zentrum der Tagung standen vier Workshops, in denen sich die Teilnehmer*innen zu bestimmten Aspekten des Schreibens mit KI-Tools austauschten. Obgleich die Forschung zu KI-Tools in der Schreib- und Fremdsprachendidaktik noch am Anfang steht, gab es bereits verschiedene Impulsvorträge, die relevante Fragestellungen aufgriffen, erste Einordnungen und Bewertungen vornahmen oder auch Projekte vorstellten, in denen KI-Anwendungen in der Praxis erprobt wurden.

In Workshop 1, angeleitet durch Nadine Lordick, war das Ziel, Entscheidungsgrundlagen für Lehrende sowie Schreibdidaktiker*innen und -berater*innen darüber zu schaffen, wann der Einsatz von textgenerierender KI beim Lehren und Lernen des wissenschaftlichen Schreibens – insbesondere in der Muttersprache – sinnvoll sein kann. Workshop 2, „Schreiben auf Englisch und in anderen Fremdsprachen“ und betreut durch Dr. Seth Berk, beleuchtete den Einsatz von KI-Tools in fremdsprachlichen Schreibprozessen sowie die Frage, wie Lehrende KI-Tools in der Fremdsprachenlehre implementieren könnten. Workshop 3, moderiert von Dr. Sigrid Behrent, legte den Fokus auf praxisnahe Anwendungsbeispiele beim Lehren und Lernen verschiedener Fremdsprachen in allen Niveaustufen. Dabei wurden auch erste Ergebnisse aus Projekten präsentiert, in denen KI-Tools implementiert und beforscht wurden. In Workshop 4, geleitet durch Anna Soltyska, wurden ethische Fragen im Zusammenhang mit dem Einsatz von KI-basierten Anwendungen, insbesondere in Prüfungs- und Bewertungskontexten, diskutiert. Das Fazit der Diskussion lautete: „Wenn nicht jetzt, wann dann?“, was die Notwendigkeit unterstreicht, jetzt über die Auswirkungen von KI auf die gute akademische Praxis zu sprechen und alle Beteiligten dafür zu sensibilisieren.

Deutlich wurde bei der gemeinsamen Arbeit in den Workshops insbesondere, dass sich die Themen vielfältig überschneiden, wenn es um die Vermittlung von wissenschaftlichem Schreiben in der Muttersprache oder in der Fremdsprache geht. Die gemeinsame Arbeit an dem Thema aus den Perspektiven der Schreib- und Fremdsprachendidaktik wurde als sehr gewinnbringend empfunden.

Die Zukunft der KI-Tools

Das Thema der Podiumsdiskussion „KI- Anwendungen in der Fremdsprachenlehre und universitären Schreibdidaktik – wohin geht die Reise?“ fand regen Anklang und wurde von vielen Teilnehmenden besucht. In der Diskussion ging es auch um den Versuch in die Zukunft zu blicken und einzuschätzen, welche Entwicklungen wir bezogen auf generative KI erwarten können und welche Möglichkeiten wir für den Umgang sehen. Diskutiert wurde, inwiefern KI-Tools nicht nur für das Schreiben, sondern auch für andere (fremd-)sprachliche Kompetenzbereiche, das Lesen, Hören, Sprechen, Interagieren und Mediieren, relevant werden. Auf die Frage nach dem Verbot von KI-Tools im Wissenschaftsalltag wogen die eingeladenen Expert*innen, Prof. Dr. Rüdiger Breuer, Stefanie Haacke-Werron, Dr. Peter Salden, Dr. Peter Tischer und Jasmin Uhlmann, sorgfältig das Für und Wider ab. Schließlich gab es unterschiedliche Antworten auf die Frage, ob der möglicherweise ungleich verteilte Erwerb von Kompetenzen, die für die sinnvolle Nutzung von KI-Anwendungen erforderlich sind, zu neuen Benachteiligungen bildungsferner Schichten führen könnte. Die studentische Perspektive erhielt auf diese Frage besondere Aufmerksamkeit.

Für die Zukunft bleibt die Frage spannend, welche Standpunkte die Ruhr-Universität Bochum und andere Hochschulen in Bezug auf die Verwendung von KI-Anwendungen einnehmen werden. Der Impuls zu dieser Tagung entstand aus dem Wunsch, nicht auf Antworten zu warten, sondern vielmehr zu versuchen, die aktuelle Situation zu erfassen, sie aus verschiedenen Blickwinkeln zu beleuchten und den stattfindenden Veränderungsprozess bestmöglich zu begleiten: Die beiden Communities der Wissenschafts- und Fremdsprachendidaktik beobachten dabei aufmerksam die weiteren Entwicklungen.

Einige Impressionen der Tagung finden Sie hier.

Dieser Rückblick wurde gemeinschaftlich verfasst von: Dr. Seth Berk, Nadine Lordick, Dr. Astrid Reich, Ben Scherer, Anna Soltyska und Maike Wiethoff.

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